Bril­le repa­rie­ren = Sicht­wei­se ändern

Aus der Serie „Bril­len unse­rer Beziehung“

Seit unser Sohn gebo­ren ist, rich­te ich mei­ne gan­ze Auf­merk­sam­keit auf ihn und kann die posi­ti­ven Ges­ten mei­nes Man­nes weni­ger wahr­neh­men. Wenn ich tags­über mit dem Kind allein zu Hau­se bin, kann ich es kaum erwar­ten, dass wir uns wie­der­se­hen. Aber wenn mein Mann ankommt, bin ich trotz­dem frustriert.

Mei­ne Mög­lich­kei­ten und dadurch mei­ne Sicht­wei­se sind ein­ge­schränkt gewor­den. Ich sehe nur noch die Din­ge, die ich im Haus­halt nicht erle­di­gen konn­te. Es macht mich unzu­frie­den, gereizt und ich habe ein schlech­tes Gewis­sen. Auch wenn mein Mann aus ehr­li­chem Inter­es­se nach mei­nem Tag fragt, neh­me ich es als Angriff wahr, weil ich mich nur dar­auf kon­zen­trie­ren kann, was ich alles nicht geschafft habe. Die schlech­te Gewohn­heit, mich stets mit ande­ren zu ver­glei­chen, lässt mich alles durch die „zer­bro­che­ne Bril­le“ sehen.

Wenn mein Mann von der Arbeit nach Hau­se kommt und danach auch noch auf unse­rer Bau­stel­le tätig ist, füh­le ich mich wert­los. Ich erle­be sei­ne Akti­vi­tä­ten als depri­mie­rend und fokus­sie­re mich des­halb lie­ber auf sei­ne Feh­ler. Ich kri­ti­sie­re ihn, weil ich mich in Wahr­heit selbst ohn­mäch­tig füh­le. Manch­mal wird es mir spä­ter bewusst, dass ich ihm für sei­ne Mühe kei­ne Aner­ken­nung gezeigt habe. Lei­der neh­me ich sei­ne net­ten Ges­ten oft für selbst­ver­ständ­lich und bedan­ke mich zu selten.

Das macht mich trau­rig und ich möch­te die­ses Mus­ter durch­bre­chen. Ich möch­te mei­ne „zer­bro­che­ne Bril­le“ repa­rie­ren! Wie es mir gelin­gen kann, weiß ich noch nicht genau, aber die ehr­li­che Kom­mu­ni­ka­ti­on zwi­schen uns ist sicher ein wich­ti­ger Schritt dazu. Ich bin sehr dank­bar dafür, dass wir mei­ne Sor­gen offen bespre­chen kön­nen. Dabei ist mir bewusst gewor­den, dass ich die­sen Weg nicht allein gehen muss. Mein Mann kann mir dabei hel­fen, mei­ne Ver­hal­tens­mus­ter zu erken­nen und dar­auf lie­be­voll hin­wei­sen, dass ich die freie Wahl habe, lie­ber eine „voll­kom­me­ne Bril­le“ aufzusetzen.

Gabi